Neben dem ZDF ist das Erste Deutsche Fernsehen als zweiter öffentlich-rechtlicher Sender Gegenstand der Analyse. Im dazugehörigen Nachrichtenmagazin, den ARD Tagesthemen, wird täglich über die neuesten Themen und Nachrichten berichtet. Die Sendung wird montags bis donnerstags 22:15 Uhr, freitags 21:45 Uhr, samstags gegen 23:15 Uhr und sonntags 22:45 Uhr ausgestrahlt. Die Länge der Nachrichtensendung variiert zwischen 15 Minuten (freitags), 20 Minuten (am Wochenende) und 30 Minuten (montags bis donnerstags).

Das Nachrichtenjournal unterscheidet sich in Länge und Inhalt deutlich von der Tagesschau. Aufgrund der längeren Sendedauer werden durch zusätzliche Informationen und Interviews tiefere Einblicke in die Hintergründe klassischer Nachrichten gegeben, während Kommentare die subjektive Meinung zu einem Sachverhalt aufzeigen.

Moderiert wird die Nachrichtensendung von Caren Miosga, Ingo Zamperoni oder Pinar Atalay, die besonders gern die Anmoderation nach der Begrüßung mit wertenden Metaphern beginnen.


„Die Grünen sind die Sieger dieser Wahl. Oft als Latte-Macchiato-Partei belächelt, sind die Grünen jetzt in Champagner-Laune.“1


In der Anmoderation am Tag nach der Europawahl werden die Grünen von Pinar Atalay als Latte-Macchiato-Partei bezeichnet. Diese Bezeichnung wird zusätzlich verstärkt durch die Behauptung, dass die Partei oft belächelt würde. Mit dieser Aussage werden die Grünen in ihrer Professionalität, ihren Inhalten und ihrem Image stark negativ bewertet. Im Detail impliziert die Bezeichnung Latte-Macchiato-Partei eine inhaltliche Beschränkung der Partei auf Luxusprobleme der Gesellschaft. Dass sie angeblich oft belächelt werde, ist eine nicht zu überprüfende Pauschalaussage für die zweitstärkste Partei der Europawahl. Es wird der Anschein erweckt, als fehle es den Grünen an Kompetenz und als wären sie keine ernsthafte Partei.


Diejenige, die die ganze Diskussion ins Rollen brachte, ist nun seit gut einem halben Jahr CDU-Chefin. Als Mini-Merkel anfangs teils verpönt hatte sich Kramp-Karrenbauer nach der Wahl in ihrem Amt eingegroovt. Doch sie kommt offensichtlich aus dem Tritt.“2


Annegret Kramp-Karrenbauer wird in der Anmoderation von Pinar Atalay als Mini-Merkel bezeichnet. Als Parteivorsitzende der CDU hat Kramp-Karrenbauer die führende Rolle innerhalb der Partei. Mit dem Mini-Merkel-Vergleich wird sie in ihrer Position und Funktion negativ dargestellt. Es wird das Bild erzeugt, dass Kramp-Karrenbauer eine kleinere, schwächere Kopie von Angela Merkel sei. Ihre Persönlichkeit sowie ihre eigenen Ziele und Errungenschaften werden damit negativiert. Verstärkt wird dieses Bild durch das Eingegrooven in ihr Amt. Diese Phrase ist nicht nur Jargon, sondern trägt laut Duden die Bedeutung, dass man sich auf etwas gefühlsmäßig einstimmt. In Bezug auf die Führung der stärksten Partei Deutschlands ist diese Bezeichnung abwertend und unpassend.


„Die SPD will also mal wieder die Frage beantworten „Wer sind wir eigentlich und für wen sind wir da?“ Und beim Koalitionspartner CDU trafen sich heute Vorstand und Fraktionsvorsitzende ebenfalls zum Selbstfindungsseminar. Bleibt dann noch Zeit für die Koalition fürs Regieren und Entscheiden?3


„Wer sind wir eigentlich und für wen sind wir da?“ ist eine essentielle Frage einer Partei. In dieser Anmoderation behauptet Ingo Zamperoni, dass sich die SPD mal wieder diese Frage stellt. Damit wird die Glaubhaftigkeit und Ausrichtung der Partei kritisiert und negativ bewertet. Es lässt sich nicht bestreiten, dass sich die SPD inhaltlich neu ausrichtet. Das zeigt u.a. das Programm #SPDerneuern. Jedoch überspitzt Zamperoni die Situation und bestärkt das Bild einer ziellosen, unorganisierten Partei. Dieses Bild wird gleichzeitig auf die CDU übertragen, die sich zum sog. Selbstfindungsseminar trifft. Damit wird auch die CDU mit Ziellosigkeit verbunden. Die abschließende Frage „Bleibt dann noch Zeit für die Koalition fürs Regieren und Entscheiden?“ unterstreicht die erzeugten Assoziationen.


„Der Amerikanische Präsident, der gerne das Image als Alle-Konventionen-Brecher pflegt, pfeift gewöhnlich auf das übliche Protokoll und verweigerte folgerichtig der Queen heute die übliche leichte Verbeugung.“4


Das Verhalten von Donald Trump hat während seiner Amtszeit bereits zu mehreren Konflikten geführt. Aktuell ist der Iran-Konflikt zu nennen. In der Anmoderation wird der US-Präsident von Ingo Zamperoni als Alle-Konventionen-Brecher bezeichnet. Laut Duden ist eine Konvention eine Regel des sozialen Umgangs, die für die Gesellschaft als Verhaltensnorm gilt. Auch wenn Trump mit seinem Verhalten auffällt und sein Umgang des Öfteren nicht als sozial beschrieben werden kann, bricht er nicht alle Konventionen. Diese Formulierung ist eine negative Übertreibung. Mit der umgangssprachlichen Redewendung, dass er gewöhnlich auf das übliche Protokoll pfeift, wird die Aussage mit Assoziationen bestärkt, dass Trump große Freude am Missachten des Protokolls hat.

Die Beispiele zeigen, dass Framing beim öffentlich-rechtlichen Sender ARD keine Seltenheit ist. Der Großteil der analysierten Frames sind wertende Metaphern, welche die Realität mit einer negativen Wirkung verzerren. Dies ist unzulässig, wenn der Einsatz auf Kosten der Objektivität erfolgt. Das bedeutet nicht, dass keine rhetorischen Sprachmittel verwendet werden dürfen. Die nachfolgenden Beispiele zeigen Metaphern, die einen Sachverhalt für den Kontext angemessen bildhaft umschreiben:


Während die Grünen also die Siegesfahne hissen können, spielen SPD aber auch die CDU eher Trauermusik.“5

„Aber sie [Andrea Nahles] kniff zum Abschied nicht, sondern verabschiedete sich persönlich von der Truppe der SPD, aus der ihr offenbar der meiste Wind entgegenblies.“6


Auch die Anmoderationen der öffentlich-rechtlichen Sender dürfen bildhaft und ansprechend aufgearbeitet werden, jedoch sollte immer auf eine objektive Berichterstattung geachtet werden.

Quellen:
1 ARD tagesthemen: 27.05.2019, Anmoderation Pinar Atalay [00:19]
2 ARD tagesthemen: 28.05.2019, Anmoderation Pinar Atalay [04:35]
3 ARD tagesthemen: 03.06.2019, Anmoderation Ingo Zamperoni [10:32]
4 ARD tagesthemen: 03.06.2019, Anmoderation Ingo Zamperoni [15:58]
5 ARD tagesthemen: 27.05.2019, Anmoderation Pinar Atalay [00:47]
6 ARD tagesthemen: 04.06.2019, Anmoderation Ingo Zamperoni [06:01]